Was man nicht hört, kann man nicht sprechen:
Unabhängig von ihrem Alter benötigen viele Lerner eine längere Phase (mehrere Wochen), in der sie sich rezeptiv der neuen Sprache mit ihrem Klang, ihren Lauten und ihrer Intonation nähern. Erst dann sind sie in der Lage und bereit, die Sprache selbst produktiv zu verwenden, nachzusprechen und zu
sprechen. Diese rezeptive Sprachtätigkeit ist von großer Wichtigkeit für die Verankerung der Laute und Klangbilder im
Gehirn. Erst dann können diese Klangbilder abgerufen und produziert, d.h. gesprochen werden.
Phonetische Übungen sind ein wichtiges Element im Unterricht Deutsch als Zweitsprache. Sprachmelodie und
Sprechpausen werden immer wieder spielerisch geübt und verinnerlicht. Es gilt, den Lernenden die Bedeutung einer korrekten Aussprache - auch die Wahrnehmung der Sprachkompetenz anderer - bewusst
zu machen.
Um Sprechen gezielt zu üben, sollte im Unterricht genügend Zeit und Raum für freie Sprechsituationen (Sprachspiele, erzählte Erlebnisse, Geschichten, Gespräche) für alle Kinder geschaffen werden.
Es gibt verschiedene Varianten, das korrekte freie Sprechen zu fördern:
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Freies Sprechen: Dazu zählt jede
sprachliche Äußerung des Kindes, die es von sich aus anregt und in der es eigenständig und
frei über die Wahl seiner Worte entscheidet. Im Unterricht sollten kommunikative Sozialformen gewählt werden, in denen die Kinder
mitbestimmen dürfen. Freies
Sprechen findet meist umgangssprachlich statt; das sprachliche Niveau und die
grammatikalische Richtigkeit stehen zunächst im Hintergrund.
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Gelenktes Sprechen: In jeder
Übungssituation findet gelenktes Sprechen statt, da der Sprecher in seiner Wortwahl vorstrukturiert
wird. Die Automatisierung bestimmter Sprechakte bildet die Voraussetzung für das freie Sprechen, da in bestimmten (schulischen)
Situationen fachsprachliche Anforderungen erfüllt werden müssen.
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Nachsprechen (Einzel-, Gruppen-, Chorsprechen oder Singen): Nachsprechübungen sind sowohl in Einzelsituationen als auch in
Gruppensituationen wichtig. Sie vermitteln den Kindern ein Gefühl für die Intonation. Das Nachsprechen im Chor bietet unsicheren Kindern Sicherheit. Beim Gruppensprechen müssen nicht alle dasselbe sagen, es gibt Spielformen, in denen paarweise gesprochen
wird. Eine gute Übungsmöglichkeit sind Reime und Verse. Auch selbst gedichtete Formen stellen eine motivierende Übungsmöglichkeit für
Schüler dar.
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Rhythmisches Sprechen:Durch rhythmisches
Sprechen, begleitet von Klatschen, Stampfen oder Rhythmusinstrumenten, lassen sich ebenfalls der Wortklang und die Satzmelodie gezielt üben. Diese
Methode empfiehlt sich besonders, wenn noch unklar ist, ob eventuell Artikulationsprobleme
allein im Zweitspracherwerb liegen oder eine logopädische Förderung notwendig ist.
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Sprechen und Erzählen: Es sollte immer
genügend Raum und Zeit für freies Sprechen und Erzählen geboten werden. Man sollte den Kindern die Möglichkeit bieten, von ihren Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten, sei es im
Erzählkreis mit bestimmten festgelegten Regeln oder in spontanen Situationen.
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Dialogisches Sprechen: Im Unterricht
sollten häufig Situationen geschaffen werden, in denen in Form eines Dialoges gesprochen werden kann. Besonders geeignet sind Gesprächssituationen in kleinen Gruppen oder Rollenspiele. Sie
bieten den Kindern die Möglichkeit, sich einerseits in einem vorgegebenen Rahmen zu äußern, und vermitteln somit eine gewisse Sicherheit. Andererseits kann eine Dialogsituation auch offen
gehalten werden, und die Kinder können sich frei äußern.
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Handlungsbegleitendes Sprechen: Besonders
wichtig, gerade für Kinder im Zweitspracherwerb, ist das permanente Versprachlichen und Kommentieren aller Tätigkeiten. Der handlungs- und produktionsorientierte
Unterricht liefert diesbezüglich gute Möglichkeiten.Die Lehrperson sollte die Kinder dazu anhalten, dass sie, während sie eine Tätigkeit ausführen, detaillierterzählen, was sie
gerade tun. Auch das Erklären von Arbeitsanweisungen durch Schüler stellt eine gute Übungsmöglichkeit dar. Hierbei werden mehrere Sinne gleichzeitig und somit auch
verschiedeneBereiche des Gehirns aktiviert.