Methoden für die Sprachförderung (DaZ)
Theaterpädagogische Elemente sind für die Sprachbildung eine große Bereicherung, da dieses "Sprachlernen mit allen Sinne" den Schülern hilft, sich zu öffnen, Teil der Gruppe zu werden und sich sprachlich zu verbessern.
Das Projekt "Film- und Theaterpädagogische Sprachförderung" bietet auf seiner Homepage www.sprachfoerderung.eu eine umfassende Sammlung von Unterrichtsideen mit Suchfunktion.
Zwei oder mehr Sprachen gleichzeitig zu erlernen ist möglich, wenn alle Sprachen als wertvoll und nützlich angesehen werden. Umgekehrt führen eine geringe Wertschätzung und geringe Möglichkeiten eine Sprache zu verwenden, häufig zur Verdrängung dieser Sprache. Immer wieder kann beobachtet werden, dass zweisprachige Kinder sich in der Öffentlichkeit schämen, ihre Familiensprache zu sprechen. Dies ist dann der Fall, wenn sie in der Umgebung einen niedrigen Stellenwert hat.
Als Pädagoge ist es wichtig, der Erstsprache des Kindes einen positiven Stellenwert zu geben, sie in Gesprächen zuzulassen und Interesse zu zeigen.
Oft wird beobachtet, wie Kinder mitten im Gespräch die Sprache gesprächspartnerorientiert wechseln. Dieses „code-mixing“ oder auch „code-switching“ ist bei Mehrsprachigen normal und keineswegs ein Hinweis auf eine Sprachstörung. Ganz früh im Spracherwerb mischt der Lerner die Sprachen aus kommunikativen Gründen. Er versucht die Lücke in der einen mit Wörtern aus der anderen Sprache zu füllen. Diese Form des Sprachgebrauchs ist sehr reichhaltig und komplex (erste Übersetzungen) und sollte keinesfalls unterbunden oder negativ bewertet werden.
Mit ungefähr vier Jahren wird zweisprachig aufwachsenden Kindern bewusst, welche Sprache im öffentlichen Raum angemessen ist. In diesem Alter haben sie genügend Wortschatz in beiden Sprachen entwickelt, dass sie sich in einer Sprache unterhalten können, ohne ständig Wortlücken mit Wörtern aus der anderen Sprache füllen zu müssen.
Für Pädagogen ist wichtig, diese Strategien im Spracherwerb des Kindes wahrzunehmen (d.h., auf die Erstsprache zurückzugreifen um sich auszuhelfen), das Kind positiv zu bestärken und bei der Erweiterung des Wortschatzes in beiden Sprachen zu unterstützen. Wortschatzlisten oder Übersetzungen der Wörter in die Erstsprache können in diesem Zusammenhang hilfreich sein. Hier können auch ältere Kinder oder Eltern einbezogen werden.
Oftmals sprechen Kinder nicht-deutscher Erstsprache eine Zeit lang nicht oder wenig. Diese Zeit nennt sich Schweigeperiode, sie ist meist Teil des Zweitspracherwerbs und kann mehrere Monate dauern. Viele Kinder beginnen nach dieser Schweigezeit – für Lehrkräfte oftmals überraschend – in ganzen Sätzen in der Zweitsprache zu sprechen. Mehrsprachige Kinder scheinen diese Schweigezeit zu nutzen, um den Sprachgebrauchs anderer Kinder und der Lehrkräfte zu beobachten und zu verstehen, wie die neue Sprache funktioniert.
In dieser Zeit sollten Kinder nicht gezwungen werden viel zu reden. Sie sollten in den Unterricht/die Aktivitäten eingebunden werden und nur bedingt aufgefordert werden mitzumachen, sich verbal, non-verbal oder mit Hilfe ihrer Erstsprache auszudrücken (ohne Druck auszuüben).
Wenn die Eltern keine oder kaum Kenntnisse in der Mehrheitssprache haben, werden Kinder oft gebeten zu dolmetschen. Dabei übersetzen sie nicht nur, sondern stellen auch sicher, dass die Information „kulturell übersetzt“ wird, damit sie inhaltlich verstanden werden kann. Für die Kinder ist diese Rolle sehr zwiespältig, da sie einerseits eine hohe Anforderung an die Sprachkompetenz stellt und andererseits die Kinder mit Themen aus der Erwachsenenwelt konfrontiert werden. Zudem wird von ihnen erwartet, dass sie sich während des Gesprächs wie Erwachsene verhalten, danach aber wieder Kind sind.
Kinder können auch vom Dolmetschen profitieren da sie eine wertvolle Rolle in der Familie übernehmen und von den Eltern gelobt werden. Zudem lernen Kinder, die regelmäßig übersetzen viel über die Meta-Ebene der Sprache, die Schwierigkeiten beim Übersetzen, den Einsatz von Redewendungen und Wortschatz. Auch lernen sie früh sich zwischen verschiedenen Kulturen zu bewegen und zu versuchen, beide zu verstehen.
Kinder als Dolmetscher einzusetzen sollte gut überlegt sein. Handelt es sich um unverbindliche Übersetzungen und lobt man das Kind danach, kann es positiv sein. Steht aber ein inhaltlich schwieriges Gespräch an, sollte von der Schule aus für eine andere Übersetzung gesorgt werden. Hierbei ist es wichtig, mit den Eltern zu klären ob sie einen außenstehenden Übersetzer bevorzugen oder selbst eine Person mitbringen möchten. Mit außenstehenden Übersetzern zu arbeiten kann delikat sein, da Eltern sich durch einen Angehörigen aus dem eigenen Kulturkreis gehemmt fühlen können.
Der Kontext, in dem eine zweite Sprache erlernt wird, beeinflusst den Erwerbserfolg. Manche Kinder wachsen in Familien auf in denen verschiedene Sprachen gesprochen werden, andere müssen die Sprache des Aufnahmelandes erlernen und andere wiederum erlernen eine zweite Sprache im Fremdsprachenunterricht in der Schule.
Wichtig für den Erwerb einer zweiten Sprache ist die Motivation. Ein zentraler Motivationsgrund ist der, sich integrieren zu wollen. Dieser Wunsch wird dazu führen, dass das Kind die Sprache in seiner ganzen Breite erlernen will und sich nicht nur mit wenigen Alltagssätzen zufrieden geben wird.
Motivation besteht aus verschiedenen Aspekten:
Handlungsorientierung heißt, dass Lernen nicht im theoretischen, abstrakten Kontext geschehen sollte (Grammatik und Vokabeln), sondern in sinnvollen und praktischen Handlungssituationen. Die Kinder sollen das Erlernte für sich in ihrem Alltag und in der jeweiligen Situation direkt nutzen können.
Der Lehrer soll dem Kind während des Sprechens helfen zu verstehen, was gesagt wird (durch Gesten, durch Zeigen, durch deutliches und langsames Sprechen,…), und die Versuche
des Kindes sich auszudrücken immer positiv bestärken und das Kind loben. Die Kinder sollen in autentische Lernsituationen versetzt werden und Praktisches üben können. Beispiel Uhrzeiten: „Wann
ist die kleine Pause im Vormittag? „Sie ist um 10 nach 10.“ „Um wie viel Uhr schellt die Schulglocke zur Mittagspause?“ „ Sie schellt um 12.00 Uhr.“
Das Fehlermachen ist eine wichtige Etappe auf dem Weg eine Sprache zu erlernen. Aus diesem Grunde wird anstatt von Fehlern auch von „nicht-zielsprachlichen Formen“ gesprochen. Oft sind diese „nicht-zielsprachlichen Formen“ nämlich die Folge einer Verallgemeinerung von einer bereits erkannten Regel. Wenn z.B. ein Kind sagt „ich bin gegeht“, so hat es bereits wichtige Regeln zur Bildung der Vergangenheitsform verstanden: Den Hilfsverben „haben“ oder „sein“, folgt ein Vollverb mit der Vorsilbe „ge“ und endet mit einem „-t“. Das dies bei „gehen“ nicht gilt, liegt daran, dass es sich hierbei um ein unregelmäßiges Verb handelt. Dem Kind zu signalisieren, dass es einen Fehler gemacht hat, macht daher keinen Sinn. Für andere Verben, hätte die Anwendung der Regel nämlich gestimmt: gesagt, geliebt, geteilt, gemacht usw. Nur muss das Kind jetzt noch die Ausnahmen lernen.
Erkennt der Lehrer diese „nicht-zielsprachlichen“ Formen, kann er das Kind zum Weitermachen ermutigen „Ah, du bist gegangen? Wohin bist du denn gegangen?“ Dadurch wertet er die „nicht-zielsprachige Form“ als wichtigen Lernschritt.
Die Erstsprache ist Teil der Identität des Kindes. Kinder brauchen das Gefühl als Ganzes wertgeschätzt zu werden und dazu gehören auch die Sprachen, die sie sprechen. Kinder mit Migrationshintergrund leben meist in zwei Kulturen, der Familien- und der Umgebungskultur. Sie entwickeln daher im Idealfall eine bikulturelle Identität. Die bikulturelle Identität ist eine ganzheitliche Identität, die Kommunikations- und Handlungsfähigkeit in zwei kulturellen und sprachlichen Bezugssystemen beinhaltet. Erschwert wird dies allerdings durch das in der Mehrheitsgesellschaft vorhandene Bild des Ausländers und einer mangelhaften Anerkennung von Migranten, ihrer Kultur und ihrer Kompetenzen.
Wenn ein Kind erfährt, dass keine Kultur besser oder schlechter ist als die andere sondern unterschiedlich, wird es ohne kulturelle Zerrissenheit aufwachsen und seine Potentiale frei entwickeln können.
Die Erstsprache ist zudem die Sprache der Emotionen, der Geborgenheit und der elterlichen Erziehung und daher ein wichtiger Bestandteil der frühesten emotionalen, sozialen und lernmotivierten Entwicklung des Kindes.
Wenn beide Sprachen sich gut entwickeln, können auch die Kompetenzen der einen Sprache in die andere übertragen werden.
Die Eltern sollen daher angehalten werden, die Erstsprache/Familiensprache zu Hause zu pflegen und zu fördern. Eltern sollen grundsätzlich die Sprache mit ihren Kindern sprechen, die sie gut beherrschen, damit das Kind einen reichhaltigen Wortschatz und komplexe grammatische Strukturen lernt, die es benötigt um eine gute Sprachfertigkeit zu entwickeln.
Erst- und Zweitsprache beeinflussen sich gegenseitig (Interferenz). Von einer positiven Beeinflussung spricht man, wenn Strukturen der ersten Sprache eine Entsprechung in der zweiten Sprache aufweisen und die Übertragung der Regeln korrekt ist. Das ist zum Beispiel der Fall wenn ein englischsprachiges Kind den Satz “I am 10 years old „ in „Ich bin zehn Jahre alt“ übersetzt. Ein französischsprachiges Kind würde „J’ai dix ans“ in „Ich habe zehn Jahre alt“, übersetzen, was falsch wäre.
Sprachlerner machen immer wieder Annahmen über die Regeln der Sprache (Verallgemeinerung) und setzen sie dann in ihrem Sprachgebrauch so lange ein, bis sie wieder neue Einsichten in das Regelsystem der Sprache gewinnen. Sie bilden also Formen, die „fehlerhaft“ sind, die aber Teil des Spracherwerbsprozesses sind und nicht als Fehler gedeutet werden sollten.
Es ist nicht hilfreich, Kinder „richtige“ Formen nachsprechen zu lassen, oder sie ständig zu korrigieren. Erfolgreicher ist es, ihnen viele Gelegenheiten zu bieten, Sprache auszuprobieren. So kann das Kind die Regel selbst herausfinden (corrective feedback).
1. Bilinguale Kinder kennen viele Wörter nur in einer der beiden Sprachen. Das kommt daher, dass die Kinder die beiden Sprachen nicht im gleichen Kontext gebrauchen und sie nicht in der gleichen Häufigkeit gesprochen werden. Kinder kennen zwar eine Menge Wörter in beiden Sprachen, aber nicht unbedingt die gleichen. Daher ist das Übersetzen von einer Sprache in die andere spontan oft sehr schwierig.
2. Bilinguale Kinder haben weniger Wortschatz. Da die Kinder zwei Sprachen lernen sind sie, was den Wortschatzumfang anbelangt, einsprachig aufwachsenden Kindern anfangs
unterlegen, das gilt nicht zwingend für die Familiensprache. Durch viele Sprachanlässe kann der Unterschied aufgeholt werden.
3. Bilinguale Kinder haben Schwierigkeiten mit der Tiefe des Wortschatzes. Kinder, die zweisprachig aufwachsen, verfügen in ihrem Wortschatz über weniger Synonyme und Wörter
die feine Bedeutungsunterschiede beschreiben, wie z.B. „Kuchen“ und „Torte“, „Couch“ und „Sofa“ oder „Zug“ und „Eisenbahn“. Geringe Wortschatzkenntnisse bedeuten einen Nachteil beim
Leseverständnis. Leseverständnis bleibt daher bei Mehrsprachigen lange schwierig in der Zweitsprache.
4. Der Erwerb der Schul- und Schriftsprache dauert wesentlich länger. Auch der Erwerb der dekontextualisierten Schul- und Schriftsprache nimmt mehr Zeit in Anspruch. Während
die Kinder sich die mündliche Sprachfertigkeit schon nach zwei bis drei Jahren aneignen, erlernen sie die Schul- und Schriftsprache in der Regel in fünf bis sieben Jahren.
Mehrsprachig aufwachsende Kinder brauchen also Zeit und Sprechanlässe. Geschichten hören, erzählen lassen, das Kind einbeziehen, es mitmachen lassen ohne Druck auszuüben und es immer wieder
positiv zu bestärken ist daher von Bedeutung.
Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch über eine mögliche Form des Nachteilsausgleichs nachzudenken und Notenschutz geltend zu machen.
Als frühe Literacy bezeichnet man die Erfahrung im frühen Kindesalter mit Büchern, Schrift, Reimen und dem Erzählen. Sie beeinflusst das Lesen und Schreiben für deren Erlernung es keinen festen Zeitpunkt gibt. Auch kommt das Lesen nicht notwendigerweise vor dem Schreiben, wie es früher angenommen wurde. Die Literacy-Entwicklung findet parallel zum Spracherwerb statt (nicht erst später), beide Fähigkeiten beeinflussen sich gegenseitig. Die Literacy-Entwicklung sollte gleichzeitig mit dem mündlichen Spracherwerb gefördert werden.
Um die Literacy-Entwicklung zu unterstützen, können Lehrer
Quelle:
Kieferle, C. (2012). Theoriebaustein Basiswissen: Deutsch als Zweitsprache in Grundschule und Kindergarten. München: Goethe-Institut.
TIPP:
Grundlagen und Grundprinzipien des DaZ-Unterrichtes finden sich auch leserlich aufbereitet in der ersten Ausgabe des Magazins DaZugehören vom Klett-Verlag.