Zusammenarbeit mit den Eltern

Die Familie ist der erste Bildungsort von Kindern und Eltern sind die wichtigsten Menschen, mit denen ein Kind von klein auf sprachlich interagiert. Deshalb beeinflusst die Art und Weise, wie sie sich auf ihr Kind einlassen auch den Verlauf, den die Sprachentwicklung in den ersten fünf Lebensjahren einnimmt. Eltern sind die wichtigste sozialisierende Kraft, neben Verwandten, Freunden und pädagogischen Fachkräften.

 

Das Kind lernt seine früheste Sprache in Verbindung mit kulturellen Routinen. Es lernt, was der Erwachsene tut und welche Objekte verwendet werden. Diese Routine beeinflusst die frühe Sprachentwicklung. Kinder, die ein reichhaltiges Sprachangebot bekommen, lernen früh wie Dinge heißen und wie sie funktionieren. Sprachliche Inputs der Eltern helfen einerseits den Wortschatz zu erweitern, andererseits aber auch komplexe Sätze und Zusammenhänge zu verstehen und selbst zu bilden.

Familien mit begrenztem Bildungshintergrund

Kinder aus bildungsferneren Familien, die zu Hause keine reichhaltige Sprache mit vielen verschiedenen Begriffen und komplexen Sätzen hören, haben einen schwereren Zugang zu der akademisch geprägten Schulsprache.

Untersuchungen haben ergeben, dass sozio-ökonomische Faktoren keine Rolle mehr spielen, wenn Eltern mit ihren Kindern zu Hause sprachrelevante Aktivitäten unternehmen und eine gute häusliche Lernumgebung schaffen. Das gilt auch für Familien, die eine andere Familiensprache als Deutsch haben.

 

Eine gute Zusammenarbeit mit den Eltern ist wichtig, um das Kind in seiner Entwicklung optimal zu fördern und ihm Sicherheit und Kontinuität zu bieten.

 

Eine gelungene Zusammenarbeit basiert auf mehreren Faktoren:

  • die Eltern fühlen sich im Kindergarten/in der Schule gut angenommen und ihr Kind gut aufgehoben,
  • wichtige Informationen werden so vermittelt, dass sie auch von den Eltern verstanden werden,
  • die Erwartung der Eltern und des Kindergartens harmonieren.

Eltern im Allgemeinen und Familien mit Migrationshintergrund

In der Realität ist das jedoch nicht so einfach und bei Familien mit Migrationshintergrund gibt es oft Probleme: sie sind unsicher, verstehen die Informationen nicht genau, oder haben andere Vorstellungen von den Lernfortschritten ihrer Kinder. Auch fühlen Eltern sich oft bevormundet und mit ihren Erziehungsvorstellungen nicht wahrgenommen. Gleichzeitig haben die Lehrerinnen oftmals das Gefühl, in ihrer Arbeit nicht wertgeschätzt zu werden und dass der Kindergarten als Aufbewahrungsort angesehen wird - nicht nur von Seiten der Eltern mit Migrationshintergrund.

 

Um einen optimalen Start für Eltern und Kinder zu gestalten ist es daher wichtig, die Eltern richtig in den Schulalltag einzuführen und Wünsche und Bedenken von beiden Seiten offen zu formulieren.

 

 

Anregungen für einen

optimalen Start...

  • Einzelgespräche gleich zu Beginn der Aufnahme führen: dabei sollte eine Person anwesend sein, die Deutsch beherrscht (evt. Freunde oder Bekannte). In einem Einzelgespräch ist es einfacher, gezielte Fragen zu stellen und sich zu vergewissern, dass das Gesagte verstanden wurde.
  • Typische Fragen ansprechen: wie lernt das Kind optimal deutsch? Wie lange dauert das? Was erwarten die Eltern von dem Kindergarten?
  • Eine Hausführung mit den Eltern machen und wichtige Dinge genau erklären oder zeigen (Matschhose, Gummistiefel, Tagesablauf ect.).
  • Einen Schnuppertag mit den Eltern organisieren, damit sie den Tagesablauf kennen lernen
  • Wenn möglich sollten die wichtigsten Informationen (was muss das Kind mitbringen, wann kann es gebracht werden, Abholzeiten, Essen, Schwimmsachen) in die Sprache der Eltern übersetzt werden. Faltblätter in verschiedenen Sprachen drucken lassen lohnt sich, da die Infos meist mehrere Jahre Gültigkeit haben.
  • Regelmäßig bei informellen Gesprächen nachfragen, ob die Eltern Fragen oder Wünsche haben. Oft fragen die Eltern nicht gerne selbst nach.

Wissen über die Herkunftskultur

Um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden ist es hilfreich Informationen über die Herkunftsländer und -kulturen der Kinder und ihrer Eltern zu haben. Die Herkunftskultur ist nicht gleichzusetzen mit der Lebensform, in der die Familie jetzt lebt, da sich Gebräuche und Gewohnheiten durch die Migration verändern und sich teilweise an die Umgebungskultur anpassen.   In Einzelgesprächen mit den Eltern ist es interessant einige Informationen über die Familie und ihren Sprachgebrauch zu sammeln und diese mit den eigenen Beobachtungen (wie gehen die Familienmitglieder miteinander um, wie ist ihre Einstellung zu Gebräuche, Festen,…) zu kombinieren. Informationen über den Sprachgebrauch zu Hause helfen, mit den Eltern über die Wichtigkeit der Pflege der Erstsprache zu reden und über die Rolle der Eltern bei dem Spracherwerb ihrer Kinder .

Das Einzelgespräch bietet die Gelegenheit über Erwartungen auszutauschen und zu erklären, wie im Kindergarten mit gewissen Themen/Dingen umgegangen wird, bzw. in wieweit auf Wünsche der Eltern eingegangen werden kann und wo die Grenzen sind.

Wenn Erziehungsvorstellungen voneinander abweichen

Zur professionellen Rolle der Lehrperson gehört es, den ersten Schritt zu tun und die Eltern zur Partizipation einzuladen. Im Dialog kann es zu Konflikten kommen, wenn Erziehungsvorstellungen voneinander abweichen weil  Wertvorstellungen auseinander gehen. Zum Beispiel, wenn Eltern ihr Kind nicht zum Schwimmunterricht schicken wollen, oder wenn Mädchen kein Fahrrad fahren dürfen.

 

Lehrkräfte sollten die Forderung der Eltern zum Anlass nehmen, zu fragen warum den Eltern der Punkt so wichtig ist. Wenn Wünsche und Befürchtungen benannt werden, ist es für alle Beteiligten einfacher, die Perspektive des anderen wahrzunehmen und zu verstehen. Die praktische Lösung ist dabei nicht das Wesentliche, sondern der Prozess der Annäherung, der Verständigung und des Aushandelns. Es geht nicht darum, einer Seite Recht zu geben, sondern einen Weg zu finden, der für alle annehmbar ist. In dem Prozess der Annäherung ist es wichtig, dass die Lehrperson immer wieder die Perspektive des Kindes einbringt: was bedeutet das für das Kind? Dadurch sorgt sie für eine konkrete Basis in dem Gesprächskreis und vermittelt sachliche Kenntnisse über die Entwicklung des Kindes.

 

Leitfaden für ein

Elterngespräch...

  • Wie lange leben Sie schon in Belgien und speziell in Ostbelgien?
  • Welche Sprache/n wird/werden zu Hause gesprochen?
  • Hat das Kind regelmäßig Kontakt zur Herkunftsland? Zu Verwandten aus dem Kulturkreis, die auch diese Sprache/n sprechen?
  • Haben die Kinder bereits Kontakte zu deutschsprachigen Kindern?
  • Welche Gebräuche, Feste, werden aus der Herkunftskultur und –religion gepflegt?
  • Was ist der Familie mit Blick auf ihre Herkunftskultur bei der Erziehung ihres Kindes wichtig?
  • An welchen Angeboten der Schule würden die Eltern gerne teilnehmen (Schulfeste, Renovierungsarbeiten, Elternrat, Begleitungen bei Ausflügen,…)?
  • Gibt es noch Themen und Fragen über die die Eltern sprechen möchten?

Weitere Informationen, Praxishilfen und Material